Neue Ausstellung im Elisabeth-Anna-Palais: „Feuerspur und Farbenspiel“
Renate Ruck Feuerspur und Farbenspiel
Renate Ruck ist als Metall- Bildhauerin bekannt geworden. Fundstücke wurden getrennt oder zusammengesetzt zu identifizierbaren Formen, die dennoch offen blieben für die Fantasie der Betrachter. In der Ausstellung im Elisabeth-Anna-Palais, die vom Sozialgericht und der AG Kunst in der Oldenburgischen Landschaft eingerichtet wurde, zeigt Renate Ruck Bilder, die eine Metall-Bildhauerin gemalt hat. Das heißt, dass sie einen ganz anderen Entstehungsprozess durchlaufen als malerische Werke. Kein Pinsel, kein Spachtel, kein Bleistift – und doch kraftvoll leuchtende Farben in überraschender Fülle und Dichte.
Voraussetzung ist ein fester, auch gegen eine Stichflamme wenig empfindlicher Malgrund, eine Leinwand oder eine sehr fest Malpappe. Darauf werden Farben aus Tuben gedrückt, also auf durchaus informelle Weise auf die Fläche gesetzt. Im zweiten Schritt wird dieser rote, gelbe oder blaue Farbtropfen mit einem Airbrush auseinander getrieben. Es liegt auf der Hand, dass Erfahrung aus vorangegangenen Prozessen die Menge des Farbtropfens bestimmt hat. Im folgenden Vorgang mit dem Airbrush, dem eigentlichen malerischen Geschehen, gibt es Differenzierungen nach Stärke des Luftdrucks, um Farbformen zu entwickeln und dichte oder heller differenzierte Farbschichten zu erzielen. Gelegentlich, aber deutlich sichtbar, sind isolierte Farbspritzer, die aus der Komposition ausbrechen, und eben darum Teil der Komposition werden.
Die Formen, die auf diese Weise entstehen, sind zu einem geringen Teil zufällig. Sie werden bestimmt von der Künstlerin, aber sie sind ungeplant. Der Eindruck einer Blütenpracht wird durch Blattmotive hervorgerufen; aber sie beruhen auf Assoziationen, die von der Vielfalt der Farbformen geweckt werden. Sie ergeben sich aus der Bewegung mit dem Gerät, die eine grundlegend andere als mit einem Pinsel ist und die entstandenen Formen unterscheiden sich von Pinselführungen und entsprechenden Flächen; denn das Blasen dehnt die Farbsubstanz, gibt ihr einen mehr oder weniger deutlichen Rand und damit einen Umriss. Natürlich kann mit dem Pinsel und Auswaschen eine solche Form auch geschaffen werden, aber mit erheblich größerem Arbeitsaufwand.
Spontanität und die dabei frei werdende Emotionalität entwickeln die vielfältigen und vielschichtigen Formen, deren Farbglanz besticht – so sehr, dass die Künstlerin ihn wieder bricht. Ihr fehlt soweit noch eine Beziehung zur Arbeit mit Metall. Mit dem Schweißbrenner umfährt sie eine Form, die auf das Bild gelegt worden ist, und gewinnt auf diese Weise ein aggressives, fast zerstörerisches Schwarz, in dem sogar die Bildoberfläche punktuell verletzt erscheint. Auch hierbei ist das Augenmaß entscheidend, die Balance zwischen der frischen Farbigkeit und den Spuren des Feuers, die im Laufe des Feuerwerks nicht nur auf den beigefügten Gegenstand bezogen werden, sondern als minimale Spritzer auch andere Bildstellen akzentuieren.
In zwei ausgestellten Arbeiten hat Renate Ruck auf die Acrylfarbigkeit verzichtet und allein mit dem Schwarz des Brenners gearbeitet. Sie hat dessen Fähigkeit, das Feuer zu differenzieren, genutzt und Abstufungen der Schwarzskala vom hellen Grau bis zum verbrannten Schwarz entwickelt. Feine rote Punkte als Kontrastmittel wurden zum Schluss dem Schwarz der Feuerspuren hinzugefügt.
Die dritte Gruppe sind Fotografien auf Leinwand. Auch sie verweisen auf die Arbeit der Metall-Bildhauerin; denn tatsächlich zeigen alle Fotografien kleine Ausschnitte ihrer Metallarbeiten. Mal geht es um Oberflächen, um die Unterschiedlichkeit des Rosts, um seine Farbabstufungen oder um seine körnig wirkende Oberflächenstruktur. Andere Bilder zeigen Einbrüche in einer Form oder Durchblicke mit einem fernen Hintergrund oder kraftvolle Skulpturen-Details, deren ursprüngliche Bedeutung verborgen bleibt.
Der entscheidende Aspekt ist aber die Arbeit mit der Fotografie. Sie ist in dieser Ausstellung praktisch das dritte Medium, das neben Malerei und Metallskulptur tritt und sich behauptet.
Renate Ruck zeigt in dieser Ausstellung eine große Vielfalt an Formen und Farben. Für die Künstlerin liegen die Gattungen Bildhauerei, Malerei und Zeichnung nicht weit auseinander. Im Gegenteil, sie hat Methoden gefunden, diese drei Bereiche einander anzunähern und Elemente einer Gemeinsamkeit in der Bearbeitung sichtbar werden zu lassen.
Jürgen Weichardt